Eine Geschichte aus Afrika
Vor einigen Jahren bereiste ich für ein persönliches Projekt Afrika. Mit der Kamera. Allein. Auf den Märkten Windhoeks fielen mir spärlich gekleidete, rot gefärbte Menschen auf: Himba. Ich wollte Sie kennenlernen. Nicht in der Stadt. Immer weiter fragte ich mich in den Norden Namibias durch und landete nach einer Reihe von Begegnungen auf einem Totenfest der Himba, tief im Busch. Ein bedeutender Clan-Chief war gestorben.
Der Chief ist tot
Reisefotografie ist voller Überraschungen. Trotz bester Planung braucht es Raum für Zufälle. Zeit zur Annäherung, Umgang mit dem Wetter oder plötzlich auftauchenden Möglichkeiten.
Nun also Totenfest. Von weit her kamen Verwandte, Geschäftspartner, Chefs anderer Stammesgruppen. Der Chief war eine angesehene Persönlichkeit gewesen. Ich lernte Grief kennen, den neuen Stammesführer, Movirongo und Bullett und deren Mutter, die Witwe. Same mother, different father.
Ohne Kamera
Fünf Tage dauerte die Totenfeier. Drei Tage konnte ich dort sein. Viel musste vorbereitet werden. Unterkünfte wurden gebaut. Die Wasservorräte waren knapp. Ein Ochse wurde geschlachtet. Und natürlich: Keine Totenfeier ohne Alkohol. Ich konnte helfen, schleppte Baumstämme, brachte Wasser mit meinem Wagen. Die Kamera hatte ich noch nicht angerührt.
Vertrauen
Am zweiten Tag vertrauten mir die Himba. Jetzt konnte ich fotografieren. Erst von Weitem, dann durfte ich näher an die Menschen heran. Sie erlaubten es. In ihrer Trauer, in ihrer Trance, in ihrer Freude. Sie tanzten, weinten, soffen, schliefen, wo es gerade passte. Das Fleisch des Ochsen wurde in riesigen Trögen gekocht. Mehrmals am Tag wurde ein Festmahl gerichtet. Immer wurden irgendwo Lieder über den Chief gesungen, getanzt.
Abschied mit Schamane
Der Moment der Abreise. Der Schamane des Stammes bat mich zu sich. Ein alter, faltiger Mann, mit würdevoller Haltung, hochgeachtet in seinem Dorf. Der Schamane griff meine Hand und schaute über das Land, wie es dort Brauch ist. Er habe mich auf der Feier beobachtet und die Ahnen über mich befragt. Ab jetzt würden sie meine weitere Reise beschützen.
Gänsehaut
In dieser kurzen Geschichte steckt alles, was Reisefotografie mir bedeutet. Ich durfte dabei sein. Mittendrin. Noch heute spüre ich tiefe Dankbarkeit für das Vertrauen der Himba. Und sofort bekomme ich Gänsehaut, wenn ich mich an den Segen des Schamanen erinnere.
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